Fit für Finanzen - Grundlagen der Börse - Lektion 5

Anleihen – der Anleger als Kreditgeber

Das Wichtigste über Anleihen

Anleihe ist der Überbegriff für verzinsliche Wertpapiere und auf den jeweiligen Inhaber lautende Schuldverschreibungen. Es gibt öffentliche Anleihen (Staat, Kommunen), Pfandbriefe (Anleihen von Hypothekenbanken) und Unternehmensanleihen (Corporate Bonds, Industrieobligationen).

Für ein Unternehmen gehört eine Anleihe zu den klassischen Mitteln der Beschaffung von Fremdkapital. Im Gegensatz zu Krediten werden Anleihen öffentlich vergeben, so dass jedermann dem Herausgeber der Anleihe (auch Emittent genannt) Kapital überlassen kann. Dabei unterscheiden sich die Anleihen hinsichtlich Laufzeit, Währungen und Verzinsung. Bei einer klassischen festverzinslichen Anleihe erhält der Anleger jährlich die Zinsen auf sein Konto, am Ende der Laufzeit bekommt er dann das Nominalvolumen bzw. den Nennwert der Anleihe zurückgezahlt.

Anleihen können auch vor dem Ende der Laufzeit zum aktuellen Kurs an der Börse verkauft werden. Je nach Zinsentwicklung, Laufzeit und Bonität ändert sich aber zwischenzeitlich der Börsenkurs und kann – abhängig von verschiedenen Bedingungen, wie z.B. der Bonität des Emittenten – stark schwanken und deutlich unter dem Nennwert notieren.

Chancen & Risiken

Chancen

  • Häufig geringere Kursschwankungen als bei Aktien
  • Wenig Abhängigkeit zu Aktien – fallen die Aktienkurse, steigen die Anleihekurse oder umgekehrt
  • Mehr Rendite als auf dem Tagesgeldkonto möglich

Risiken

  • Bonitätsrisiko: es besteht die Möglichkeit, dass der Herausgeber der Anleihe zahlungsunfähig wird
  • Rendite-Chancen sind in der Regel so hoch wie bei Aktien
  • Zinsänderungsrisiko: wenn das Marktzinsniveau sich ändert, dann hat dies auch Einfluss auf den Kurs der verzinslichen Wertpapiere
  • Kursverluste während der Laufzeit sind möglich

Was Sie über Anleihen wissen sollten:

1

Aktien werfen nicht immer mehr ab als Anleihen.

Zwischen 1870 und 1940 brachten Aktien und Anleihen noch mehr oder weniger gleich hohe Erträge. Erst nach dem 2. Weltkrieg erwirtschafteten Aktien höhere Renditen als Anleihen. Seit 1950 haben z. B. die Aktien von großen amerikanischen Unternehmen Jahreserträge von durchschnittlich 13,4% gebracht. Langfristige US-Anleihen warfen dagegen nur 5,9% ab.

2

Sie können auch mit Anleihen Geld verlieren.

Anleihen sind kein Garantieschein auf Renditen. Ihre Laufzeit und Zinszahlungen sind zwar festgelegt, daher auch die Bezeichnung "festverzinsliche" Wertpapiere, ihre Erträge stehen aber noch nicht fest. Sie unterliegen einer Reihe von Risiken, auch dem Totalverlustrisiko.

3

Anleihenkurse entwickeln sich gegenteilig zur Entwicklung der Zinssätze.

Fallen die Zinssätze, steigen die Anleihenkurse und umgekehrt. Behalten Sie allerdings eine Anleihe bis zur Fälligkeit, sind Kursschwankungen nicht wichtig. Ist die Anleihe fällig, erhalten Sie Ihr Kapital zurück. Außerdem erhalten Sie alle fälligen Zinszahlungen.

4

Eine Anleihe und ein Rentenfonds haben nichts miteinander gemeinsam.

Die Bonität des Emittenten vorausgesetzt, werden Sie bei Anleihen während der Laufzeit die festgelegte Zinszahlung erhalten. Außerdem bekommen Sie bei Fälligkeit Ihr Kapital (ggf. abzüglich gezahlter Kosten, wie z.B. Ausgabeaufschläge) zurück, es sei denn, der Emittent (Herausgeber der Anleihe) ist pleite. Bei einem Rentenfonds wissen Sie vorher nicht, wie viel er abwerfen wird. Der Wert des Fonds unterliegt Schwankungen.

5

Beim Kauf von neu emittierten Anleihen sparen Sie Kosten.

Sie erhalten sie in der Regel zum Ausgabepreis ohne weitere Aufschläge . Bei älteren Anleihen sieht dies anders aus. Der Makler berechnet beim Handel mit Anleihen Gebühren. Unter Umständen sind diese Aufschläge nicht unerheblich und reduzieren die zukünftigen Erträge.

6

Investieren Sie nicht Ihr ganzes Geld für Ihre Altersvorsorge in Anleihen.

Die Inflation verringert den Wert der festen Zinszahlungen auf die Anleihen. Im Gegensatz dazu halten Erträge aus Aktien gewöhnlich Schritt mit der Inflation. Menschen im jungen und mittleren Alter sollten ihren Anlageschwerpunkt auf Aktien legen.

7

Erteilen Sie einen Freistellungsauftrag.

Wenn Sie über Ihre Bank oder Ihren Broker Anleihen ordern, sollten Sie gleichzeitig einen Freistellungsauftrag erteilen, damit die Zinserträge nicht komplett versteuert werden. Der Freibetrag für Alleinstehende beträgt derzeit 801,- Euro im Jahr (Quelle: Bundesfinanzministerium).

8

Achten Sie nicht nur auf die Zinsen, sondern auch auf den Gesamtertrag.

In der Welt der Anleihen ist das mit dem Ertrag so eine Sache. Sie kaufen zwar eine Anleihe mit einem Zinssatz zu 8 %. Steigen aber die allgemeinen Zinssätze, und der Kurs der Anleihe fällt um 3%, läge der Gesamtertrag für das erste Jahr nur bei 5 %.

9

Kapitalerträge durch langfristige Anleihen.

Wenn Sie auf die Entwicklung der Zinssätze spekulieren, sollten Sie langfristige Anleihen kaufen oder in Rentenfonds investieren. Denn sollten die Zinssätze fallen, steigt der Kurs von langfristigen Anleihen stärker als der von kurzfristigen. Sie erhalten also einen potentiell großen Kapitalertrag zusätzlich zu den Zinsen, die die Anleihen abwerfen. Steigen die Zinssätze, können Sie aber auch entsprechend mehr verlieren.

Anleihen – einfach erklärt im Video

FinanzMarktWissen: Anleihen

Anleihen sind unspektakulär – aber sicherer im Vergleich mit Aktien

Wenn Sie Anleihen kaufen, leihen Sie einem Unternehmen oder einem Staat Geld. Der Empfänger erklärt, Ihnen das Geld nach einem festgelegten Zeitraum zurückzuzahlen und für die Laufzeit einen festen oder variablen Zinssatz (manchmal auch "Kupon" genannt) zu zahlen. Laufzeit ist der festgelegte Zeitraum bis zur Rückzahlung der Anleihe. Und im Vergleich zu Aktien lässt sich die Entwicklung von Anleihen eher vorhersagen. Allerdings gibt es Fälle, in denen der Empfänger das Geld nicht zurückzahlt. Entscheidend ist die Bonität eines Schuldners. Also: Wie vertrauenswürdig und finanzstark ist der Staat oder das Unternehmen, dem Sie Ihr Geld leihen?

So funktionieren Anleihen

Je länger Sie investieren, desto höher ist Ihr Gewinn

Typischerweise ist der Kupon desto höher, je länger die Laufzeit einer Anleihe ist. Der Unterschied zwischen 5-Jahres-Schatzbriefen und Anleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren macht oft einen oder zwei ganze Prozentpunkte aus. Denn je länger die Laufzeit einer Obligation ist, desto länger wird der Eigentümer bei einem allgemeinen Anstieg der Zinsen einen niedrigen Zinssatz erhalten. Und je größer das Risiko, desto größer ist auch die potentielle Belohnung.
Ebenso steht der Zinssatz, den eine Anleihe bringt, direkt mit der Größe des Risikos der Anleihe in Zusammenhang. Die Sicherheit von Schatzbriefen kann z. B. in der Welt der Anleihen kaum überboten werden. Das kommt daher, dass die Regierung mehr Geld drucken könnte, um sie zurück zu zahlen. Selbst Bundesanleihen sind aber nicht gegen die Gesetze der Ökonomie gefeit. Sollte die Regierung viel Geld drucken, nur um ihre Anleihen auszulösen, würde die Inflation ins Unermessliche steigen. Die Anleihen wären so weniger wert.

Auch bei Anleihen gibt es unsichere Papiere

Am anderen Ende des Spektrums befinden sich jedoch die minderwertigen Unternehmensanleihen. Sie sind auch bekannt als High-Yield-Bonds oder Junk-Bonds (ungesicherte Schuldscheine). Ihre Kupons sind aufgrund des Risikos, dass die emittierenden Unternehmen bankrott gehen könnten, mehrere Prozentpunkte höher angesiedelt. Natürlich gibt es auch hochwertige Industrieanleihen von großen Blue-Chip-Unternehmen. Die Bewertungsstufen werden von Firmen wie Standard & Poor's festgelegt. Sie bewerten die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schuldner die mit den von ihm emittierten Wertpapiere verbundenen Zins- und Tilgungszahlungen rechtzeitig und in vollem Umfang erfüllen wird.
Obwohl Kurse von Anleihen gewöhnlich weniger schwanken als Aktienkurse, sind sie auch nicht ganz ohne Risiko. Steigen die Zinssätze, fallen die Kurse für Anleihen. Warum ist das so? Sobald neue Anleihen mit höherem Zinssatz auf den Markt kommen, fällt der Kurs älterer Anleihen proportional dazu.

Ein Beispiel: Sie haben 1.000 Euro für eine Anleihe mit 30-jähriger Laufzeit und 7 % Zinsen (70 Euro im Jahr) bezahlt. Nach einem Jahr fällt der Satz für eine vergleichbare Anleihe auf 5 %. Das bedeutet, der Ertrag beläuft sich nur auf 50 Euro im Jahr. Die Anleger sind bereit, mehr für eine Anleihe zu zahlen, die 70 Euro bringt, statt für eine mit nur 50 Euro Ertrag im Jahr. Daher wird Ihre alte Anleihe nun mehr wert sein: Da der Zinssatz von Anleihen nun 40 % höher ist als normal, wird der neue Kurs bei 1.400 Euro liegen, d. h. 40 % mehr als Sie dafür bezahlt haben. Ihr Ertrag: Genau 5 %, denn 70 Euro im Jahr sind 5 % von 1.400 Euro. Die Gleichung ist allerdings nicht ganz so einfach, da die Laufzeit Ihrer Obligation nun nur noch 29 Jahre beträgt. Sie wird daher mit anderen Anleihen mit 29-jähriger Laufzeit verglichen werden, nicht mit den 30-jährigen. Im Gegensatz dazu fällt der Wert Ihrer Anleihe auf 778 Euro, wenn die Zinssätze von 7 auf 9 ´% steigen und neue Anleihen also 90 Euro Zinsen im Jahr bringen (die 70 Euro Jahreszins Ihrer Anleihe sind 9 % von 778 Euro).
Mit Voranschreiten der Laufzeit wird Ihre Anleihe aber schließlich wieder 1.000 Euro wert sein. In der Zwischenzeit wird ihr Wert jedoch immer wieder steigen und fallen. Das hängt ganz von der Höhe der Zinssätze ab. Je länger die Laufzeit einer Obligation, desto stärker schwankt ihr Wert als Reaktion auf die Änderungen der Zinssätze. D.h., langfristige Anleihen sind stärker betroffen, wenn die Zinssätze steigen. Fallen die Zinsen, gewinnen sie am stärksten an Wert.


„Wer gut schlafen will, kauft Anleihen, wer gut essen will, bevorzugt Aktien.“

André Kostolany


Chancen

Anleihen können für ein ständiges Einkommen sorgen und gehören zu den wichtigsten Werkzeugen Ihrer Investment-Strategie. Das sind die Vorteile:

Risiken

Anleihen sind nicht völlig sicher und nicht immer berechenbar. Auch mit Anleihen kann man Geld verlieren, denn der Zinssatz, den Sie erhalten, wird zwar vorher festgelegt, nicht aber der Ertrag daraus. Im Folgenden haben wir die Hauptrisiken aufgeführt, die den Ertrag Ihrer Anleihen gefährden können:

Der Anleihenkauf

Es gibt gewöhnlich zwei Gruppen von Anleihenkäufern: die Anleger (oder Spekulanten), die hoffen, aufgrund fallender Zinssätze und deshalb steigender Kurse Geld zu verdienen. Und die Sparer, die Anleihen kaufen und bis zur Fälligkeit behalten, um auf diese Weise einen garantierten Ertrag zu erhalten.

Der Kauf einer Anleihe ist im Prinzip mit einem gewöhnlichen Kreditgeschäft vergleichbar.
Unternehmen und Regierungen geben Anleihen heraus, um ihr Tagesgeschäft oder spezielle Projekte zu finanzieren. Wenn Sie eine Anleihe kaufen, leihen Sie damit dem Emittenten, z. B. einem Energieversorger oder der Regierung, für eine gewisse Zeit Geld. Im Gegenzug verspricht der "Kreditnehmer", Ihnen jedes Jahr Zinsen und bei "Fälligkeit" das Kapital zurück zu zahlen. Die Zeit bis zur Fälligkeit wird als "Laufzeit" bezeichnet.

Da die Laufzeit und die Zinszahlungen einer Anleihe von vornherein feststehen, sind Anleihen auch als "festverzinsliche" Wertpapiere oder Rentenpapiere bekannt. Die Anleihe stellt einen Schuldschein dar, nicht einen Eigentumsanspruch wie eine Aktie. Daher sind Anleiheninhaber die ersten, die Ihr Geld zurückverlangen, wenn der Gläubiger bankrott geht. Aktionäre haben in diesen Fällen das Nachsehen.

Der Nennwert einer Anleihe, d.h. der Ausgabekurs, wird auch als "Pariwert" bezeichnet. Die Zinszahlung wird "Kupon" genannt. Eine 1.000-Euro-Anleihe mit 7% Jahreszins hat einen 70-Euro-Kupon. Kaufen Sie die Anleihe allerdings für 1.100 Euro auf dem Rentenmarkt, wäre der Kupon immer noch 70 Euro wert. Die Rendite würde allerdings auf 6,4% zurückgehen, da Sie einen "Aufschlag" auf den Kurs der Anleihe gezahlt haben. Aus einem ähnlichen Grund wird die Rendite einer Anleihe auf 7,8% steigen, wenn Sie sie für 900 Euro gekauft haben. Sie haben sie dann "unter pari" gekauft. Stimmt der aktuelle Kurs mit dem Nennwert überein, sagt man, die Anleihe wird "zu pari" verkauft.

Grundsätzlich gilt: Es gibt viele Ausdrucksmöglichkeiten, wie hoch der Ertrag einer Anleihe ist. Was wirklich zählt, ist aber die "Gesamtrendite": die jährlichen Zinsen und der eventuelle Gewinn oder Verlust des Marktwertes. Verkaufen Sie die 1.000-Euro-Anleihe mit dem 70-Euro-Kupon nach einem Jahr für 1.050 Euro, beläuft sich Ihre Gesamtrendite auf 120 Euro oder 12%. Die Kurse basieren übrigens meist auf einem Nennwert von 100. Wenn Sie also die Anleihe für 1.050 Euro verkaufen, steht der Kurs bei 105.

Die Zinserträge einer Anleihe müssen (natürlich) versteuert werden, genauso wie etwaige Veräußerungsgewinne. Die sogenannte Kapitalertragsteuer beträgt 25%. Hinzu kommen noch der Solidaritätszuschlag von 5,5% und ggf. Kirchensteuer. Allerdings lässt Ihnen der Fiskus bestimmte Freiräume. Dazu sollten Sie beim Kauf von Anleihen gleich einen Freistellungsauftrag erteilen. Ledige können so jährlich bis zu 801,00 Euro Zinsen einnehmen, ohne einen Cent Steuern darauf zu zahlen. Bei Verheirateten verdoppelt sich dieser Freibetrag. Werden die steuerlichen Abzüge normalerweise von der Bank direkt einbehalten, erfolgt die Zinsauszahlung bei rechtzeitiger Einreichung des Freistellungsauftrags innerhalb der Freibetragsgrenzen abzugsfrei.

Erfahren Sie in Lektion 6 alles Wichtige über Zertifikate.