PERSPEKTIVEN am Morgen

von Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden

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 Dr. Ulrich Stephan

9. September 2025

Liebe Leserinnen und Leser,

der September bringt Kursgewinne trotz Börsenregel, Europas Autoindustrie kämpft mit Zöllen und schwacher Nachfrage, und Asset Management wird zum Plattformgeschäft.

Markt schlägt Mythos: STOXX, MSCI und S&P trotzen der Börsenweisheit

Nach dem Start in den September lohnt sich ein genauer Blick auf die Börsenweisheit: Im Mai verkaufen, im September wieder einsteigen. Sie basiert auf der Annahme, dass die Sommermonate schwach verlaufen und die Liquidität am Markt geringer ausfällt als üblich. Zwischen 1987 und 2024 hätte sie am Beispiel des STOXX 600 den Markt jährlich um durchschnittlich 1,6 Prozentpunkte übertroffen. Trotzdem erzielte sie in den meisten Jahren eine niedrigere Rendite. Auch 2025 zeigt das: Nach dem Kursrückgang im April durch die US-Zollankündigung legten die Märkte nach der Bekanntgabe der Zollpause rasch wieder zu. Der STOXX 600 stieg zwischen dem 1. Mai und dem 1. September um über vier Prozent, MSCI World und S&P 500 sogar um mehr als 13 beziehungsweise 14 Prozent. Wer im Mai ausgestiegen wäre, hätte diese Gewinne verpasst – und zusätzlich Transaktionskosten getragen. Anleger sollten sich daher nicht von saisonalen Mustern leiten lassen, sondern auf solide Fundamentaldaten und gründliche Analysen setzen, um fundierte Anlageentscheidungen zu treffen.

Automarkt: Europa bleibt hinter Vorkrisenniveau zurück

Das weltweite Wachstum beim Autoabsatz stagnierte im ersten Halbjahr 2025. In Europa zeigt sich der Markt weiterhin schwach und erreicht nur etwas mehr als 80 Prozent des Verkaufsniveaus von 2019. In den USA stiegen die Neuwagenverkäufe zwar um vier Prozent gegenüber dem Vorjahr, doch vor allem, weil viele Käufer ihre Anschaffungen wegen der angekündigten US-Zölle vorgezogen haben. Für europäische Hersteller stellen die Märkte außerhalb Europas nach wie vor ein zentrales Problem dar. Etwa die Hälfte der in den USA verkauften Fahrzeuge stammt aus ausländischer Produktion. Handelsabkommen haben die Zölle für viele Importe zwar gesenkt, dennoch drücken die weiterhin hohen Abgaben spürbar auf die Margen. Nach vorne blickend dürften sich die Auswirkungen der US-Zölle weiter entfalten und zu steigenden Autopreisen führen – was wiederum die Verkaufszahlen belasten dürfte. Die europäische Auto- und Zulieferindustrie leidet unter den US-Zöllen und der schwachen Binnennachfrage. Analysten haben die Gewinnprognosen für 2025 innerhalb eines Monats um 36,7 Prozent gesenkt, für 2026 um 3,3 und für 2027 um 1,9 Prozent. Auch die Bewertung bietet wenig Trost:

Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 9,9 liegt die Branche 32 Prozent über ihrem Zehn-Jahres-Median.

Bank of Japan zwischen Lohnwachstum und Zollrisiken

Robustes Lohnwachstum in Japan dürfte die Erholung des Konsums stützen und die Inflationsdynamik verfestigen. Nominale Löhne stiegen im Juli im Jahresvergleich um 4,1 Prozent und übertrafen damit den Marktkonsens von 3,0 Prozent – der kräftigste Zuwachs seit sieben Monaten. Reallöhne verzeichneten erstmals seit Dezember wieder Wachstum und legten um 0,5 Prozent zu. Die Haushaltsausgaben nahmen im Juli um 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Dies war zwar niedriger als der Marktkonsens von 2,3 Prozent, jedoch der dritte Wachstumsmonat in Folge. Notenbankchef Kazuo Ueda betonte zuletzt, dass sich der Lohnauftrieb über Großunternehmen hinaus verbreitet und sich angesichts der niedrigen Arbeitslosigkeit weiter beschleunigen dürfte. Unter dem Strich festigen die Daten die Markterwartung einer Zinserhöhung der Bank of Japan im Oktober. Ueda verwies jedoch auf weiterhin bestehende Risiken durch US-Zölle. Die Notenbank könnte den Schritt vertagen, falls die Sorgen über die wirtschaftlichen Folgen höherer US-Importzölle zunehmen.

Asset Management im Wandel: Plattformstrategien dominieren

Die Asset Management-Branche erlebt eine starke Konsolidierung, getrieben von Private Equity und strategischen Übernahmen. 2024 flossen über 20 Milliarden US-Dollar an Private-Equity-Investitionen in Asset Manager – fast doppelt so viel wie im Vorjahr. Ziel dieser Deals: Skaleneffekte, Diversifizierung in alternative Anlagen und Anpassung an regulatorische sowie technologische Anforderungen. Dies spiegelt einen breiteren strategischen Wandel hin zu Plattformen mit überlegener Technik wider. Größere Anbieter profitieren von Kostenvorteilen, breiteren Produktpaletten und effizienterer Compliance sowie digitaler Infrastruktur. Besonders dynamisch wächst der Markt für alternative Investments wie Private Credit, Infrastruktur und Sachwerte wie Immobilien. Dies steigert die Ertragsaussichten und die Nachfrage nach Multi-Asset- und technologiegestützten Plattformen. Der Trend betrifft USA und Europa, wirkt aber global. Für Anleger bedeutet das: Weniger, aber dominantere und effizientere Plattformen mit breiterem Angebot. Kleinere Anbieter geraten unter Druck. Allerdings könnte die Konsolidierung langfristig den Wettbewerb einschränken und Gebühren erhöhen.

Herbstkorrektur oder neue Rekorde?

Droht im Herbst eine Korrektur an den Börsen – oder stehen neue Rekorde bevor? Zinsen, Zölle, Inflation und Geopolitik sorgen für Unsicherheit und Gesprächsstoff unter Anlegern. Die aktuelle Lage von Wirtschaft und Märkten analysieren Finanzjournalistin Jessica Schwarzer und ich in der aktuellen Folge von PERSPEKTIVEN To Go.

Zahl des Tages: 2,5–3,5

Die Lebenserwartung steigt kontinuierlich. Werden unsere Enkel also locker hundert Jahre alt? Das wohl nicht, sagt ein internationales Team um José Andrade vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock. Mithilfe statistischer Verfahren stellten die Forscher fest: Die Lebenserwartung von Menschen in wohlhabenden Ländern, die zwischen 1939 und 2000 geboren wurden, verlängerte sich im Schnitt um zweieinhalb bis dreieinhalb Monate pro Generation. In den Jahrgängen 1900 bis 1938 waren es noch fünfeinhalb Monate. Das heißt, die Gesellschaften werden langsamer älter. Andrade und Kollegen führen dies vor allem auf die inzwischen stark gesunkene Kindersterblichkeit zurück, die nur wenig Spielraum für Verbesserungen lässt. Hundertste Geburtstage dürften künftig zwar öfter vorkommen – aber immer noch etwas Besonderes bleiben.

Übertreffen Sie heute die Erwartungen.

Herzlichst

Ihr Ulrich Stephan

Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden

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