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17. Oktober 2024
internationale Fondsmanager verabschieden sich von ihren Anleihepositionen, die Arbeitslosenquote auf der Britischen Insel sinkt und mit Blick auf die EU-Gasvorräte kann der Winter kommen.
Nach einem ersten großen Zinsschritt der Fed und Chinas Ankündigungen zusätzlicher Stimuli stieg der Optimismus unter professionellen Anlegern bezüglich des globalen Wirtschaftswachstums im nächsten Jahr so stark an wie seit Mitte 2020 nicht mehr – das geht aus der Oktoberausgabe einer monatlichen Umfrage unter Fondsmanagern hervor. Entsprechend bauten die Profis ihre Cash-Positionen von 4,2 auf 3,9 Prozent weiter ab. Hielten sie im letzten Monat noch ein Übergewicht von elf Prozent in Anleihen, ließ der Wachstumsoptimismus dies in ein Untergewicht von 15 Prozent umschlagen. Zugleich bauten die Investoren Positionen in Aktien auf und halten nun ein Übergewicht von 31 Prozent in dieser Assetklasse, so viel wie seit über vier Jahren nicht mehr. Innerhalb des Aktienuniversums rotierten die Anleger von defensiven in zyklische Sektoren. Ich halte es, sowohl was die positiven Wachstumserwartungen als auch was die Allokation angeht, mit den Profis.
Die jährliche Inflation in Großbritannien ist im September stärker als erwartet gesunken, und zwar von 2,2 Prozent im Vormonat auf 1,7 Prozent. Die Preissteigerung fiel damit das erste Mal seit über drei Jahren unter die Marke von zwei Prozent. Die Kernrate ging ebenfalls deutlich von 3,6 auf 3,2 Prozent zurück. Die viel beachtete Dienstleistungsinflation, die überwiegend auf Arbeitskosten beruht und deshalb als guter Indikator für Lohn- und Gehaltssteigerungen gilt, ist von 5,6 auf 4,9 Prozent gesunken. Dabei zeigt sich der Arbeitsmarkt weiterhin stabil. In den drei Monaten bis August wurden 373.000 neue Stellen geschaffen – so viele wie noch nie seit Start der Aufzeichnungen im Jahr 1971. Die Arbeitslosenquote sank von 4,1 Prozent im Vormonat auf 4,0 Prozent. Die rückläufige Inflation gibt der Bank of England auf ihrer nächsten Sitzung Anfang November die Möglichkeit, den Leitzins von aktuell 5,0 auf 4,75 Prozent zu senken. An den Zinsterminmärkten ist ein solcher Schritt bereits vollständig eingepreist.
Noch auf dem Höhepunkt der Eurokrise vor etwa 13 Jahren galten französische Staatsanleihen im Gegensatz zu südeuropäischen als sichere Papiere. Die Renditen griechischer zehnjähriger Staatsanleihen lagen zeitweise fast 30 Prozentpunkte höher als ihre französischen Pendants, bei portugiesischen waren es fast zehn und bei italienischen und spanischen knapp vier Prozentpunkte. Damals lag die Staatsschuldenquote Frankreichs noch bei 88 Prozent – im letzten Jahr hat sie bereits 111 Prozent betragen und dürfte weiter wachsen. Fitch Ratings hat nun seinen Ausblick für die Kreditwürdigkeit Frankreichs am Freitag aufgrund hoher Defizitquoten und politischer Unsicherheiten auf „negativ“ abgesenkt und rechnet bis 2028 mit einem Anwachsen des Schuldenstands auf 118,5 Prozent. Entsprechend rentieren zehnjährige französische Staatsanleihen mittlerweile höher als portugiesische und spanische Papiere und nur noch leicht niedriger als griechische. Der Haushaltsplan für 2025 sieht in Frankreich nun ein Defizit von fünf Prozent vor. Mehren sich die Anzeichen, dass selbst dieses wenig ambitionierte Ziel nicht einzuhalten ist, könnten die Renditen französischer Papiere weiter steigen.
Erdgasspeicher gut gefüllt Bei rund 40 Euro je Megawattstunde (MWh) pendelte sich in den letzten Tagen der Preis für Erdgas zur Lieferung in einem Monat an der niederländischen TTF ein – merklich über dem Niveau des Auftaktquartals, als die Preise meist zwischen 25 und 30 Euro/MWh fluktuierten. Zuletzt hatte die Sorge um eine weitere Eskalation der Krise im Nahen Osten und damit verbundene Unterbrechungen von Flüssiggaslieferungen den Erdgaspreis gestützt. Grund zur Besorgnis hinsichtlich wesentlich höherer Preise in den Wintermonaten sollte dennoch nicht bestehen. Der Füllstand der Speicher in Deutschland betrug zuletzt rund 97,2 Prozent. Auch in der Europäischen Union sind die Gasspeicher mit rund 95 Prozent im Vorfeld der kalten Jahreszeit gut gefüllt. Zudem werden seit Anfang Oktober aufgrund des relativ hohen Preisniveaus in Europa vermehrt Tanker, die verflüssigtes Erdgas transportieren, das für asiatische Käufer bestimmt war, nach Europa umgeleitet. Die Erdgaspreise dürften vorerst weiter um 40 Euro je MWh schwanken. Ein sehr kalter Winter oder unerwartete Lieferprobleme der Anbieter könnten jedoch kurzfristige Preissprünge zur Folge haben.
Während zuletzt alle Augen auf die Notenbanken und ihre Zinsentscheidungen gerichtet waren, startet in den USA langsam wieder die Bilanzsaison. Was ist wichtiger für die Börsen: die längst erwarteten Zinssenkungen oder die harten Zahlen? Ob die Berichtssaison den goldenen Börsenherbst verhageln kann oder die Jahresendrally bereits im Oktober startet, analysiere ich in meinem Börsenpodcast PERSPEKTIVEN to Go im Gespräch mit Finanzjournalistin Jessica Schwarzer.
Im Laufe der Woche, Berichtssaison
Donnerstag, Eurozone | Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank. Analysten gehen davon aus, dass die Zentralbank den Einlagenzins um 0,25 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent senken wird. Dafür spricht, dass die Gesamtinflation im September jüngst unter das angestrebte Ziel von zwei Prozent gefallen ist. Anlass zur Vorsicht gibt allerdings die Kerninflation, die mit 2,7 Prozent noch immer zu hoch ist. Die Währungshüter dürften auf der anschließenden Pressekonferenz Hinweise zum weiteren Zinspfad geben. Sollten sie sich zurückhaltend gegenüber weiteren Zinssenkungen äußern, könnten die Renditen kurzfristiger Staatsanleihen steigen.
Freitag
Zahl des Tages: 3.775 Wälder nehmen Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf. Das sollte gegen den Klimawandel helfen, doch leider hat die Sache einen Haken: Sobald Bäume verbrennen oder verrotten, setzen sie das Treibhausgas wieder frei. Ein Team um Ning Zeng von der University of Maryland hat nun eine Methode entwickelt, um das CO2 langfristig zu binden. Die Forscher hatten zufällig einen 3.775 Jahre alten Wacholderstamm entdeckt, der zwei Meter tief im Lehmboden vergraben lag. Untersuchungen zeigten, dass der Stamm nur sehr wenig Kohlenstoff abgegeben hatte. Zeng glaubt daher, dass künstlich angelegte „Holzgräber“ helfen könnten, die Atmosphäre jährlich um bis zu zehn Gigatonnen CO2 zu entlasten – wenn nur knapp fünf Prozent des weltweit anfallenden Holzes aus Sturmschäden oder Forstwirtschaft vergraben und luftdicht isoliert würden.
Ich wünsche Ihnen einen nachhaltigen Tag.
Herzlichst,
Ihr Ulrich Stephan
Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden
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